Premiere für Klima und Frieden - Wissenschaftspreis verliehen

Die Hans Günter Brauch-Stiftung verlieh erstmals den Internationalen Wissenschaftspreis in der Alten Mälzerei. Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete darüber in ihrer Ausgabe vom 19.07.2023.

Dr. Brauch, Dr. Ide, OB Stipp und Dr. Happes, (c) Stadt Mosbach

Bittere Wahrheiten, aber auch Hoffnungsschimmer gab es bei der Verleihung des ersten Internationalen Wissenschaftspreises der Hans Günter Brauch-Stiftung für Frieden und Ökologie im Anthropozän am vergangenen Freitag in der Alten Mälzerei Mosbach. Prof. Dr. Tobias Ide, Privatdozent am Institut für Internationale Beziehungen in Braunschweig und Professor an der australischen Murdoch University, erhielt die mit 3.000 Euro dotierte Auszeichnung für sein Buch über die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf Kriege und Aufstände. Neben ihm sprachen weitere Wissenschaftler über „Klimawandel und Konflikte“, dem Thema des Forschungswettbewerbs, den der Mosbacher Friedensökologe Dr. Hans Günter Brauch initiiert hatte.

Nachdem Oberbürgermeister Julian Stipp die Anwesenden begrüßt hatte, führte Gastredner Prof. Dr. Jürgen Scheffran, Professor für Klimawandel und Sicherheit an der Universität Hamburg, die Zuhörer und Zuhörerinnen in das Thema ein: Erderwärmung, Umweltverschmutzung, Artensterben, Wassermangel und Verlust von fruchtbarem Land zählte er als Beispiele dafür auf, wie der Mensch die Erde merklich verändert. Die Belastungsgrenzen unseres Planeten seien bereits erreicht oder überschritten, was sich auch auf Gewaltkonflikte auswirke. Für einen nachhaltigen Frieden müssten menschliche Ansprüche und natürliche Ressourcen im Gleichgewicht sein. „Ob wir auf dem Krisenpfad weiter voranschreiten, hängt nicht nur von der Politik, sondern auch von uns selbst ab", sagte Scheffran und machte zugleich Hoffnung: „Es gibt auch Kipppunkte in positiver Richtung; die müssen wir finden und in Gang setzen.“

Laudatio von Dr. Scheffran, (c) Stadt Mosbach

Einer, der mit seiner Forschung zur Verbesserung der Lage beitragen möchte, ist Preisträger Ide. Für sein von der internationalen Jury ausgezeichnetes Buch „Katastrophen, Konfrontationen und Zwänge – wie Katastrophen die Dynamik bewaffneter Konflikte prägen“ hatte er untersucht, wie Naturkatastrophen Kriege und Aufstände eskalieren lassen oder entschärfen können. Damit verband er zwei gewichtige Themen: Noch nie sei die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre in den vergangenen 800.000 Jahren so hoch gewesen wie heute, was das Risiko von Dürren, Überflutungen und Stürmen erhöht. Außerdem habe die Zahl der Kriege und Gewaltkonflikte mit aktuell mehr als 50 pro Jahr einen historischen Höchststand erreicht.
Die zentralen Ergebnisse aus 36 Fallstudien fasste er so zusammen: In der Hälfte der Fälle hatte die Katastrophe keinen Einfluss auf den Konflikt, etwa wenn Menschen nach Ernteausfällen alternative Einkommensquellen hatten. „Vorsorge zahlt sich also aus“, meinte Ide. Bei einem Viertel der Fallstudien eskalierten die Bürgerkriege: „Wenn Menschen beispielsweise durch eine Naturkatastrophe alles verlieren, sind sie eher empfänglich für das Einkommen, das Rebellen anbieten. Der Klimawandel führt so zu einem Konfliktwandel.“ Bei den restlichen Fällen kam es hingegen zur Deeskalation, also weniger Gewalt. Wenn Straßen überflutet sind, seien Truppenbewegungen schwierig, führte Ide als Beispiel dazu an. Das schaffe Möglichkeiten für einen Waffenstillstand. „Frieden ist also auch in Zeiten des Klimawandels eine realistische Option.“

Ide dankte seinen Kollegen und Mentoren, ebenso wie seiner Familie, die oft auf ihn verzichten musste. Für das Buch seien viele Wochenend- und Abendschichten notwendig gewesen, erzählte der Preisträger. Künftig will er sich für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Hans Günter Brauch-Stiftung engagieren.

Prof. Dr. Michael Brzoska, ehemaliger Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, hob in seiner Laudatio Ides breites Wissen und seine methodische Kreativität und Sorgfalt hervor, ebenso dass er Erkenntnisse immer wieder hinterfrage. Ides Ergebnisse seien wertvoll für die Katastrophenhilfe und die Vorsorge bei Umweltkatastrophen, sagte Brzoska zur praktischen Anwendbarkeit.
Neben dem Wissenschaftspreis gab es zwei internationale Anerkennungen, die Stiftungsgründer Brauch verlas: Sie gingen an Forscher von Universitäten in Kanada und den USA, die einen Buchvertrag und ein Honorar vom Verlag in Höhe von 1.200 Euro erhielten.

Das Schlusswort der Veranstaltung, die von Lehrkräften des Auguste-Pattberg-Gymnasiums musikalisch umrahmt wurde, hatte Landrat Dr. Achim Brötel. Er richtete die dringende Bitte „an die Mächtigen unserer Welt“, dass der Wunsch nach Frieden endlich Wirklichkeit werde. „Wer die Möglichkeit zur Zerstörung in der Hand hat, kann sie auch abwenden“, sagte Brötel. „Das ist an sich eine simple, aber geradezu zwingende Erkenntnis.“

Text von Dr. Christina Bock, RNZ vom 19.07.2023.